Geld arbeiten lassen


„Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten“ – so und ähnlich werben Banken, Versicherungen und andere höchst seriöse Unternehmen. Tja, wenn das mal nicht verlockend klingt. Neulich lese ich wieder mal etwas von Geld arbeiten lassen usw. Da klingelt es im meinem Oberstübchen und sofort verbildlicht mein Gehirn sogar mir als „Nichts-Tierisches-Haben-Wollender“ den Gedanken an die eierlegende Wollmilchsau. „Kind man muss mit der Zeit gehen“, sagte Oma immer. Also bin ich da gleich dabei. Trend erkannt und gleich voll einsteigen. Geld arbeiten lassen – ja genau, soll gefälligst was tun das faule Geld. Liegt da einfach nur lasch rum. Dabei könnte das Geld, wie ich ja gelesen habe, einfach auch arbeiten!
Durch diesen Slogan motiviert, bemühe ich sofort die nächstgelegene Suchmaschine meiner Wahl in den unendlichen Weiten des Internets und finde ca. 145 Millionen (!) Ergebnisse zu den Suchbegriffen: GELD ARBEITEN LASSEN. Angefangen von Büchern über Werbeeinschaltungen bis hin zu Beratern für mein Geld – alles da. Doch will ich weder ein Ratgeberbuch kaufen noch einen Berater für mein Geld. Denn das kostet ja mein Geld und das wäre also kontraproduktiv. Ich will schlicht und ergreifend, dass mein Geld arbeitet. Also Suchmaschine zu und mit der Bankkarte mal schnell den Geldautomaten geplündert. Auf den Tisch mit dem Geld und sofort mal die drohende Miene mit dem erhobenen Zeigefidunnger aufgesetzt. Ich sitze also eine geschlagene Stunde und rede auf das Geld ein – die Geschichten von Fleiß und Ehrgeiz, von Leistung und Wohlstand use. Ich erzähle den Scheinchen, dass ich aus seriösen Quellen wüsste, dass Geld arbeiten kann. Ich versuche zu motivieren, biete auch geregelte Arbeitszeiten, Urlaub und Krankenversicherung wenn die Leistung stimmen würde – also absolut sozial. Wobei im Sinne des Kapitalismus, ist es doch besser krankes Geld auszugeben. Soll sich ein anderer mit den Kranken des Systems rumschlagen – das mit der Krankenversicherung war praktisch ein Wahlversprechen. Aber das sag ich dem Geld natürlich nicht. Doch nichts passiert – ich bringe meinen besten Vortrag doch alle Müh vergebens. Die Scheinchen ignorieren mich. Keine Regung, keinerlei Effekt. Auch auf meine Drohung hin, das Geld auszugeben wenn es nicht sofort arbeitet, passiert genau nichts. Der Abwasch steht noch immer herum und der Staubsauger liegt ebenfalls unberührt in der Ecke – kurzum alles beim Alten. Das soll sich ja ändern. Also motiviere ich weiter bis in die Abendstunden, erzähle vom sozialen Zusammenhalt und wie schön es wäre wenn mein Geld und ich an einem Strang ziehen würden. So hätte ich mir das vorgestellt. Draussen ist es bereits dunkel. Nachdem ich mein gesamtes rhetorisches Pulver verschossen habe, setze ich meine Erwartungen in den nächsten Arbeitstag und gehe zu Bett.

Der nächste Morgen graut und voller Hoffnung springe ich aus dem Bett. Nach der gestrigen Standpauke ist mein Geld sicher schon auf dem Weg zur Arbeit. Wo bzw. was mein Geld arbeiten wird und wann Dienstbeginn ist, weiß ich zwar nicht aber das ist mir ja einerlei. Gleich mal zum Tisch und siehe da! Die Scheinchen liegen regungslos da. Einerseits gut weil das definitiv heißt, dass nicht eingebrochen wurde. Andererseits lässt mich dieser Umstand doch zweifeln ob meine 40 Euro wirklich arbeiten werden? Vielleicht fangen meine Moneten ja nach mir an und müssen erst später an der Arbeitsstelle erscheinen. Ich verdränge meinen Missmut. Gehe zur Sicherheit doch mal an die Arbeit. Nach vollbrachtem Tagwerk betrete ich in froher Erwartung den Raum, in dem die Kröten lagen. Liegen noch immer faul rum. Ohne jegliche Vermehrung (hab nachgezählt). Mein Weltbild war erschüttert, ja geradezu zerstört und lag in Trümmern. Nichts ist es mit meinem arbeitenden Geld. Dann die Erkenntnis, dass ich wohl etwas falsch verstanden oder falsch gemacht habe. Vielleicht hätte ich beim Weggehen morgens die Türe offen lassen müssen? Hätte ich das Geld zur Arbeit fahren müssen? Fragen über Fragen. So kann es nicht weitergehen. Ich brauche Klarheit. Also werfe ich meinen Computer an und begebe mich wieder auf die Suche. Die Suchmaschine wirft auf meine Anfrage: „Warum arbeitet mein Geld nicht“ 47,8 Millionen Ergebnisse aus. Erleichterung macht sich breit. Ich bin nicht allein. Anscheinend macht Geld auch anderen Probleme. Haben sich ja schon millione andere Menschen auch schon das Hirn zermartert. Da muss doch was dabei sein.

Ich habe einige Ergebnisse durchforstet und dann kam die schreckliche Erkenntnis – alles nicht wahr! War doch irgendwie beruhigend, dass es nicht an meinem Scheinchen liegt. Geld arbeitet also gar nicht selbst. Nur Menschen arbeiten für Geld. Wenn Geld sich ohne eigene Arbeitsleistung vermehrt, nennt man das „arbeiten“. Wenn ich also sage, dass ich mein Geld arbeiten lasse, heißt das genau genommen, dass andere Menschen für die Vermehrung meines Geldes arbeiten. Dass dieser Effekt bei Bargeld nicht funktioniert, habe ich in meinem Selbstversuch erfahren. Also muss das Geld bei einer Bank deponiert werden. Zahlen vermehren sich auch viel einfacher.
Wie utopisch unser derzeitiges Geldsystem mit Zins und Zinseszins ist, erörtert das Beispiel vom Josephspfennig (Wikipedia). Diese Rechenübung zeigt, dass ein Pfennig, angelegt zu Beginn unserer Zeitrechnung im Jahre 0, bei Zinsen in Höhe von 5% im Jahre 2000 einen Wert von 150 Millionen Erden aus purem Gold hätte.
William F. Hixson stellte fest: „Dass die Regierung den Banken erlaubt, Geld zu schöpfen, und sie dieses Geld von den Banken leiht und Zinsen darauf zahlt, ist schlicht idiotisch.“ Klingt wie ein tolles Geschäftsmodell für die Banken.

Zins und Zinseszins sorgen ja stets für regelmäßige Krisen. Natürlich bietet das Netz auch Videos zu diesem Thema und hier der Link zu einem leicht verständlichen Video (Wie entsteht Geld? Geschichte vom Goldschmied Fabian). 50 Minuten, die sich zum besseren Verständnis des Geldystemes lohnen.

In letzter Zeit wird immer mehr Kritik an diesem Geldsystem sichtbar. Man muss nur diese Informationen und Personen im Internet suchen. Die angeblich freien Medien meiden dieses Thema wie der Teufel das Weihwasser. Schließlich will man sich die Werber nicht vergraulen. Wer zahlt, bestimmt.
Aber dass dieses Geld- uns Zinssystem in dieser Form nur zu weiteren Krisen, Konflikten und Kriegen führen kann, zeigt uns die Geschichte. Wollen wir darauf warten?
Wie bei vielen anderen Themen auch, höre ich in Gesprächen mit Mitmenschen viel Unzufriedenheit bzw. Klagen über das System, die hohen Steuern und deren Verschwendung. Doch dann hört man auch meist den ewig gültigen Satz, der den Sprecher selbst von jeglicher Anstrengung und jeglichem Denken befreien soll: „Das war schon immer so und da kann man nichts machen.“ Ich empfehle allen, die allzu gerne diesen Satz verwenden, diese Aussage auch sofort Ihren Kindern beizubringen. Vielleicht werden diese Kinder dann später nicht fragen, warum man sich nicht informiert und nichts unternommen hat. Wie antwortet man dann? „Ich habe es nicht gewusst, mein Kind.“ Und das im Zeitalter des Internet? Es war noch nie so leicht an Informationen zu kommen. Es muss nur wichtig genug sein dann sucht man sich die Information. Irgendwelche stumpfsinnigen Videos, unnütze News zu vermeintlichen Stars, das findet man selbstverständlich. Vielleicht ist man einfach ehrlich und gesteht dem Nachwuchs, dass es einem schlicht und ergreifend egal war. Aber nur weil man etwas selbst nicht anders kennt, muss es nicht immer so bleiben. Was schlecht ist, kann verbessert und sollte geändert werden.
Die „eierlegende Wollmilchsau“ habe ich nicht gefunden aber es gibt viele kluge Köpfe, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Hier Links zu informativen und lesenswerten Seiten:
Informationen zum Vollgeld
Prof. Franz Hörmann (Wirschaftsuniversität Wien)
Attac

Einst stellte Henry Ford (Gründer des Automobilkonzerns) fest: „Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.“

 Verstehen Sie es?


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