Krankhaftes Misstrauen & Störung
Die verkannte Psychose von der sich jeder unbedingt gleich am Anfang fern halten soll. Nur leider kaschieren jene ihre Krankheit in der Kennenlernphase sehr gut. So ist es dem Gegenüber beinahe unmöglich zu erkennen ob dieser in das Netz der Psycho-Spielchen gegangen ist. Eine psychotische Störung entsteht nicht über Nacht sondern entwickelt sich meist in Jugendjahren und manifestiert sich dann im jungen Erwachsenenalter. Ein paar Beispiele über krankhaftes Misstrauen erzählen uns am besten Renate und Carlos.
Renate ist eine Mittvierzigerin, arbeitet im Gesundheitswesen und ist seit einiger Zeit geschieden. Renate verbringt seit ihrer Scheidung viel Zeit mit ihrer besten Freundin, die ihr eines Tages ihren Bruder Carlos vorstellt. Carlos arbeitet als Kundenbetreuer in einem Konzern, ist Vater von zwei Kindern im Teenageralter, er liebt seine Fische im grün beleuchteten Aquarium und lässt jeden Morgen die Katze seiner Frau in den Garten. Ja, er ist verheiratet und wie er selber sagt „zufrieden verheiratet“. Trotz all der Zufriedenheit geht er mit Renate eine Beziehung neben seiner Ehe ein.
So weit ist alles normal. Was Renate jedoch nicht durchblickt hat in der Phase des Kennenlernens war das Offensichtliche. Ihre beste Freundin und Schwester ihres Liebhabers genoss die gleiche Erziehung wie Carlos. Renate fragte sich also nicht wieso ihre beste Freundin sie mit ihrem vermeintlich ehelich zufriedenen Bruder verkuppelt hat. Renate fragte sich auch nicht wieso ihr Liebhaber, der „zufrieden“ war mit seiner Ehe, das Liebesglück bei Renate suchte.
An einem Abend der romantischen Zweisamkeit konnte es schöner nicht sein für Renate, denn er war wieder auf „Dienstreise“, so die offizielle Version für die Ehefrau. Als sich Carlos gegen Mittag verabschiedet schien alles noch in Ordnung zu sein bis er sich erst am nächsten Tag, mit einer SMS, bei Renate meldet in der er ihr unterstellt ihm mutwillig ein Hämatom im Intimbereich zugefügt zu haben. Er würde sich seit Stunden den Kopf darüber zerbrechen wieso sie ihn mutwillig verletzt hätte und möchte nun dringlich eine Antwort auf seine „Warum“-Frage.
Renate ist verwirrt. Sie liebt ihn doch, wieso soll sie ihn verletzen und dann auch noch mutwillig? Die Situation nicht verstehend, bittet sie ihn höflich um Verzeihung und nimmt die Schuld auf sich, dass sie wohl im Eifer des Gefechtes unachtsam gewesen war. Leider dauert es nicht lange und Carlos spielt das Spiel weiter.
Er besorgt Theaterkarten. Moderne Inszenierung. Beide treffen sich vor dem Theater, sehen sich das Stück an bis zur ersten Pause in der sie gemeinsam kurz an die frische Luft gehen. Carlos entschuldigt sich. Er müsse auf die Toilette. Renate wartet auf ihn. Es läutet. Beim dritten Läuten nehmen fast alle Besucher wieder ihre Plätze ein nur Renate nicht, denn sie wartet auf Carlos damit sie gemeinsam zu den Sitzplätzen gehen können. Nach geschlagenen 20 Minuten kommt er also den Gang entlang. Telefonierend. Sieht Renate, bleibt stehen und telefoniert weiter. Renate weiß natürlich wer am Hörer ist und wen er gerade versucht zu beschwichtigen. Sie geht weiter nicht darauf ein. Sie sehen sich das Stück an und verabschieden sich noch am selben Abend. Am nächsten Tag erhält sie wieder eine SMS mit der Aussage, wieso sie so gemein zu ihm war, denn obwohl sie wusste dass seine Tochter mit über 38 Fieber im Bett läge, hätte sie ihn doch fragen müssen ob er zu seiner Tochter fahren sollte. Das tat sie leider auch bevor die Vorstellung begann, denn er hatte ihr bereits von der kranken Tochter erzählt und mit einem Kopfnicken-Nein geantwortet.
Auch dieser Vorfall ist spannend als eines Tages Renate mit ihrer besten Freundin zum Shoppen geht wo sie einen hübschen Herrenpyjama entdeckt, den sie mit ihrem Handy fotografiert und mit den Worten „Das Ensemble ist doch süß. Aber ich weiß, dass du oben herum gerne dein Naturkostüm trägst.“ als Handynachricht an ihn sendet. Carlos meldet sich den ganzen Tag nicht. Also schreibt ihm Renate am Abend, ob bei ihm alles in Ordnung sei und ob er ihre Nachricht erhalten hätte, worauf er sich mit „Du weißt doch, dass ich am Wochenende mit meiner Mutter und meiner Familie beschäftigt bin. Machst du das mir zu fleiß?“ bei Renate meldet.
Noch so eine Aktion liefert Carlos als Renate einige üble Tage durchmachte. Sie war ja nicht alleine sondern hatte Carlos. Zumindest glaubte sie das. Denn als sie ihn kontaktierte, dass es ihr nicht gut ginge und ob er vielleicht kurz zu ihr kommen könne war seine Antwort nun sehr beschwichtigend. Er könne leider nicht. Aber dafür könne er sich für morgen Zeit für sie einteilen. Das war dann der Augenblick als Renate, trotz Verliebtheit und Zweisamkeit, bemerkte wie einsam sie eigentlich ist. Sie beendete noch an diesem Abend die Beziehung. Leider zeigte auch jetzt Carlos seine Symptome und unterstellte ihr Gehässigkeit und Verständnislosigkeit ihm und seiner prekären wie auch unveränderlichen Situation gegenüber.
Das sind nur einige Beispiele, wie sich die eine psychotische Störung äußern kann. Carlos ist keineswegs von Natur aus ein boshafter Mensch. Er ist lediglich ein Produkt seiner Umgebung und eine Ansammlung von Erfahrungen und Erziehungsmethoden die er durch (Fremd-) Einwirkung, unzähliger Menschen auf ihn, machen musste. Und genau das alles an Erlerntem gibt er weiter. So, wie er glaubt, dass es richtig ist, so sieht er die Welt, so ist seine Wirklichkeit.
Carlos Eltern trennten sich als ihm gelehrt wurde, dass Menschen nur 1x heiraten – sein Vater hat bereits die Dritte Frau verehelicht. Für die Kinder fühlte sich das Gehen des Vaters so an als wurden sie im Stich gelassen, nicht mehr geliebt, nicht gebraucht. Ein unschönes Gefühl von Unnötigkeit wurde ihm da, in jungen Jahren, gelehrt.
Carlos lernt gegen Ende der 90er-Jahre seine Frau kennen. Zuerst wohnen sie in ihrem Elternhaus. Er genießt das patriarchische Gehabe seines zukünftigen Schwiegervaters, der finanziell auch gut situiert ist worauf er seine Frau heiratet. Sie bekommen ein Grundstück in einer 2K-Kopf-Gemeinde geschenkt, bauen ein Haus auf Schulden, zeugen eine Tochter, drei Jahre darauf noch ein Söhnlein. Die Gattin wollte selbstbestimmter sein hinsichtlich ihrer Arbeit und bekam rasch einen Job als Mathe-Lehrerin. Das Familienglück war komplett. Bis auf ein paar zusätzliche Einwirkungen, die seitens seiner Frau manifestiert wurden/werden. Sie hat zwei Defizite. Sie leidet unter Kontrollwahn und der Meinung, gepflegte Frauen seien Nutten – auf ihre Störungen oder Kompensationsversuche von Defiziten könnte man natürlich auch eingehen, doch diese sind bei weitem nicht so spannend. Obwohl sie also eine kluge Frau zu sein scheint und von den Seitensprüngen ihres Gatten jedes Mal Wind bekommt – immerhin kann sie ihn gut lesen – liegt ihr viel an einem sauberen Familienbild nach außen. Diese Kompetenz gibt sie natürlich auch ihrer Tochter weiter. So wird Carlos also nicht nur von seiner Gattin telefonisch kontrolliert wenn er dienstlich unterwegs ist sondern zusätzlich und immer häufiger auch von seiner Tochter. Seinem Sohn möchte Carlos ein besserer Vater sein als jener, den er selber hatte. Darum verwöhnt er seinen Sohn mit allem Erdenklichem. Zu Geburtstagen oder feierlichen Anlässen gibt es also Geschenke wie z.B. Fahrrad mit Weißwandreifen, Wurfsterne, Taschenmesser, Sprungrampe hinterm Haus, tolle Musikboxen und tolle Handys, Designklamotten und Label-Accessoires. Und trotzdem versteht Carlos nicht, wieso sein Sohn so oft ihm und seiner Mutter zum Trotze handelt und Sachen anstellt, die „nicht normal“ seien worauf dann die Eltern in der Gegenwart des Sohnes ein ruhiges Gespräch über die unheilbare Legasthenie und das abnormale Verhalten des Zöglings, dieses er nur deshalb an den Tag legt um sie als Eltern zu nerven, führen.
Wie gesagt, Carlos bietet uns einige klitzekleine und wunderbare Einblicke in die Komplexität der psychotischen Störung. Wenn diese psychotische Störung dann auch noch Hand in Hand mit einer Bi-Polaren-Störung angetanzt kommt, ist die Gestörtheitsparty perfekt und jeder Arzt würde sofort den Einweisungsblock zücken.
Auf alle Gestörten dieser Welt erheben wir unser Gläschen gestört-amüsiert mit einem heiteren *Chin*Chin*
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