Hobby zum Gruseln


Veganer üben natürlich auch Hobbys aus. Doch jetzt können Veganer die Hobby-Liste um ein zusätzliches Hobby erweitern. Außer den klassischen Sportarten, eröffnet sich Veganern nun auch die Sportart des Glotzens. Diese Form des Glotzens hat nichts gemein mit der Schaulustigkeit oder mit Spannerei sondern basiert eher auf Analyse und nicht auf Sinnesbefriedigung (oder vielleicht doch. Die Analyse verschieben wir). Und so geschah es, dass auch ich liebe Leser und Leserinnen, dieses Hobby, an einem Einkaufssamstag entdeckte und inzwischen hat sich dieses Hobby regelrecht zu einem Gruppenereignis entwickelt – ist fast wie ins Kino zu gehen nur echter.

Echtes Grauen!

Ich befand mich also im Nahrungsmittelmarkt. Genauer in der Gemüseabteilung – diese sich in unmittelbarer Nähe der Fleisch- und Wursttheke, mit unverbauter Sicht zu dieser befindet. Ich kann mich noch sehr gut an mein erstes Mal erinnern. Ich stand vor aufgestapelten Kisten voller strammer Gurken, die nebeneinander lagen, wie geklonte Gardeoffiziere – bei so vielen gleich aussehenden Gurken, dauert es etwas länger bis man sich genau diese eine aussucht, an der man sich zuhause erfreut indem man sie zuerst mit einer richtig scharf geschliffenen Gurkenhobel genussvoll in hunderte kleine Scheibchen zerlegt, den Saft mit der Kartoffelpresse auspresst und anschließend mit V-Sauerrahm-Marinade zum Salat verarbeitet. Doch genau in diesem Augenblick, die Gurke noch nicht im Einkaufswagen sondern noch in der Hand erblickte ich diesen Menschenauflauf, die sich an der Kadaver-in-Brötchen-Ausgabestelle anstellten um sich auch ein Stück Gewesenes in Papier packen zu lassen um anschließend das erworbene Teilstück des Gewesenen, wohl während das Wasser – im Gedanken an die zuzubereitende Köstlichkeit – im Mund zusammen läuft, nachhause zu tragen. Das war Kopfkino vom Feinsten! Leider zu real. Ich mag Gruselfilme. Aber dieses „walking dead“ war leider nicht so soft, ungruselig und lustig wie die Serie „The Walking Dead“. Ich erkannte einen Unterschied zwischen Real-Life und TV-Serie. In der Serie kann man sich an den erschaffenen Kunstwerken der Maskenbildner erfreuen – diese als Zombie verkleidete Menschen verhalten sich so wie der Autor glaubt, dass sich Zombies verhalten würden. Im realen Leben hingegen sehen Menschen nicht so gruselig aus jedoch tragen sie Leichenteile nachhause um sich daran zu erfreuen.

TV-Gucken war gestern

Also habe ich einfach meinen Fernseher in den Keller gestellt – da unten dient mir das TV-Gerät nun als ausfallsicherere Kellerbeleuchtung. Seither ist auch mein Glühbirnenbedarf drastisch gesunken. Den wahren Grusel hole ich mir nun allwöchentlich im Nahrungsmittelmarkt. Dazu navigiere ich zuerst in Formel 1 Rennfahrer-Manier in die Wasserabteilung. Hurtig lade ich mir eine 12er-Kiste Sprudelwasser in Glasflaschen in den Einkaufswagen. Fahre Vollgas in die Gemüseabteilung. Erledige schnellstens meinen Grünzeug-Einkauf(szettel). Parke meinen Einkaufswagen in den Spalt zwischen Gurkenkisten und Schnittblumen, mit Frontaussicht zur Wurstpudel, wo ich niemanden am Vorbeifahren störe oder noch besser, wo mich niemand stört. Anschließend hole ich mir eine Flasche Sprudelwasser aus dem 12er-Set, lehne mich gemütlich an den Balkengriff meines Wägelchens und zieh‘ mir zwischen 15 und 20 Minuten den wahren Horror rein, den mir der Andrang auf die Toteteiletheke bietet. Die Zeit brachte mir Gesellschaft in Form neuer Bekannter mit ähnlichem Lebensstil – gemeinsam gruselt es sich doch immer noch am besten.

Herr über Konsumverhalten

Zusammenfassend halte ich fest, dass mir dieses neue Hobby, den Erwerb vieler Glühbirnen erspart hat. Ebenso musste ich feststellen, dass viele Fleischesser durchaus freundliche Leute sind und ich mich natürlich fragte, ob sie denn informiert über ihr Konsumverhalten sind oder doch nur Opfer ihrer Programmierer. Wenn man aber bedenkt, dass Programmierung – nämlich Stereotypen-Indoktrinierung – einfach durch ebengleiche passiert, wird es wohl schwer werden pro oder kontra dem Informiert-Seins hinsichtlich seines Konsumverhaltens zu argumentieren.

Das Dilemma mit der Unvollkommenheit

So kann ich also sagen, dass sich jeder von uns, nach bestem Wissen und Gewissen, die Ansicht über richtig und falsch, genau wie das Glück oder Unglück, die Ansicht von Recht oder Unrecht, von schön oder hässlich, von schmackhaft oder weniger schmackhaft, usw …, selber zusammenschustert um sich anschließend, durch eventuell allgemeinverpflichtende Definitionen von Idealen und Auffassungen von Werten, als Moralapostel postuliert. So ist festzuhalten, dass wir Menschen uns noch in unserer Entwicklung befinden – somit unvollkommen sind.
Mit dieser Feststellung beende ich meine Zeilen und erhebe mein Sprudelwasser – auf die Gesundheit aller Lebenden und darauf, dass sie sich lange an ihrem Leben erfreuen können *Chin*Chin*


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